Zur Wirkung von Windkraftanlagen und anderen Erscheinungsformen der Erzeugung erneuerbarer Energien auf Touristen liegen zwei aktuelle und repräsentative Erhebungen vor. Eine davon ist mit bundesdeutscher Perspektive im Rahmen der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) mit Sitz in Kiel entstanden, die andere ist an vier Standorten in Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag einer Gemeinschaft von Institutionen aus dem Land erstellt worden. Dazu zählen neben dem Landestourismusverband die IHK zu Rostock, der DEHOGA-Landesverband, die Tourismuszentrale Rügen, der Verband Mecklenburgischer Ostseebäder, der Verband für Camping- und Wohnmobiltourismus MV sowie der Verein WindEnergy Network.
Reiseanalyse: Deutsche Urlauber meiden Regionen aufgrund von Windenergieanlagen bislang kaum
Im Rahmen der FUR-Reiseanalyse wurde mittels knapp 6.000 zu Hause persönlich Befragten im zweiten Jahr in Folge untersucht, inwieweit deutsche Reisende Merkmale von erneuerbaren Energien wahrnehmen, sich daran stören und Urlaubsregionen möglicherweise sogar meiden. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass mit dem verstärkten Bau von Anlagen eine zunehmende Sensibilisierung beim Thema „Windenergie“ einhergeht. So wurden im Jahr 2014 land- oder seeseitige Windkraftparks in der Urlaubsregion von 18 Prozent der deutschen Reisebevölkerung wahrgenommen, im Jahr davor waren es 15 Prozent. Einzelne Anlagen an Land haben im Urlaub 2014 34 Prozent der Befragten registriert, gegenüber 29 Prozent im Jahr 2013. Der Untersuchung zufolge fühlen sich 2,5 Prozent der reisenden Deutschen von Windkraftparks an Land oder auf See gestört, ein Jahr davor waren es 2,8 Prozent. Mit 0,8 Prozent weiterhin gering ist die Zahl derjenigen, die Urlaubsregionen aufgrund dort vorhandener Windkraftparks oder einzelner Anlagen nicht wieder besuchen wollen.
Befragung zu Offshore-Kulissen in vier Ostseebädern: 50 Prozent empfinden Windparks auf dem Meer als störend
Deutlich kritischer fallen die Ergebnisse der in den Ostseebädern Graal-Müritz, Kühlungsborn, Warnemünde und am Königsstuhl auf der Insel Rügen im Sommer 2015 mit repräsentativem Charakter durchgeführten Befragungen aus. Insgesamt wurden dabei je Ort mehr als 400 und damit insgesamt etwas mehr als 1.600 Personen aus allen Altersklassen, Bildungsgruppen sowie sozialen Schichten zu Offshore-Windenergie befragt.
Die Unterschiede in den Ergebnissen der beiden aktuellen Studien lassen sich über die andersartigen Befragungsmethoden erklären – einerseits wurde bei der Reiseanalyse am Heimatort in Erinnerung an den Urlaub befragt, andererseits wurden Urlaubsgäste am Ferienort mit ortsspezifischen und realistischen Visualisierungen konfrontiert, die vom Fraunhofer-Institut auf Basis der ursprünglichen Planungen der Landesraumordnung erstellt worden waren.
Die Bewertung der Windparks durch Touristen fiel an allen vier Standorten in Mecklenburg-Vorpommern und in allen Einkommensklassen und Bildungsgeschichten insgesamt leicht negativ aus, das heißt, jeweils mehr Personen störten sich an Offshore-Windenergieanlagen als dass sie ihnen positiv gegenüber eingestellt waren. Fast 60 Prozent der Befragten empfanden den Blick aufs Meer durch Windräder als eingeschränkt; knapp 50 Prozent bezeichneten diese gar als störend. Etwa jeder Fünfte (18,9 Prozent) würde die Region aufgrund von Windparks auf dem Meer nicht wieder besuchen. Der Vergleich der Ergebnisse an den einzelnen Ostseebädern mit ihren unterschiedlichen Prägungen zeigt, dass sowohl der Charakter des Standortes als auch der Abstand der Anlagen vom Strand die Bewertung der Offshore-Kulisse beeinflussen. Die Nutzung der Detailergebnisse der Erhebung ist den am Auftrag Beteiligten vorbehalten.
Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern hat wiederholt betont, dass er die kontinuierliche Erfassung und sachliche Bewertung des Meinungsbildes zu erneuerbaren Energien gerade für die sensiblen touristischen Räume im Land als notwendig erachtet. Von einer dritten, derzeit noch laufenden, repräsentativen Untersuchung, dem Qualitätsmonitor Deutschlandtourismus, erhofft sich der Tourismusverband weitergehende Erkenntnisse über die Wahrnehmung und Wirkung von Windenergieanlagen an Land. Mit ersten Ergebnissen ist im Oktober 2015 zu rechnen.