„Vorn bleiben!“ – so lautet das Motto des 27. Tourismustages, zu dem sich heute 220 Spitzenvertreter der Branche in Linstow in der Mecklenburgischen Seenplatte treffen. Ziel ist es, den Weg in eine neue touristische Zeitrechnung zu markieren, in der Qualität die Hauptrolle spielt. Zudem sollen das Jahr bilanziert und ein Ausblick auf die neue Saison gegeben werden. Dabei muss die Branche in diesem Jahr einen Dämpfer verkraften und Ursachenforschung betreiben, denn die touristischen Zahlen liegen unter den Erwartungen: Zwischen Januar und September wurden vom Statistischen Amt in Mecklenburg-Vorpommern 6,18 Millionen Gästeankünfte (-0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) und 24,91 Millionen Übernachtungen (-1,9 Prozent) registriert. Dies ist das zweitbeste Ergebnis seit 1990, allerdings bleibt der Nordosten damit in diesem Jahr hinter dem Bundestrend zurück. Auf Bundesebene ist im gleichen Zeitraum ein Wachstum der Übernachtungszahlen von 2,7 Prozent verzeichnet.
„Wir sind auf einem sehr hohen Niveau, was Übernachtungen und Gästezahlen betrifft. Da sind Rekorde jedes Jahr aufs Neue kein Automatismus. Starkes und dynamisches Wachstum, wie wir es in den vergangenen Jahren erlebt haben, verlangsamt sich und geht in eine Reifephase über. Die Gäste kommen zwar, bleiben aber nicht mehr so lange bei uns. Deshalb ist wichtig, die anstehenden Herausforderungen gemeinsam anzugehen, um auf hohem Niveau zu bleiben. Wir unterstützen die Förderung nachhaltiger touristischer Angebote und Strukturen weiter. Das Thema Saisonverlängerung bleibt dabei von elementarer Bedeutung. Egal, ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit, wir müssen Angebote für 365 Tage im Jahr vorhalten. Potential besteht vor allem auch in den ländlichen Räumen Mecklenburg-Vorpommerns. Das können wir nach außen noch stärker betonen“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe.
Wolfgang Waldmüller, Vorsitzender des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, sagte: „Wir bekommen in diesem Jahr bestätigt, dass die Querschnittsbranche Tourismus in jeglicher Hinsicht gute Rahmenbedingungen braucht. Wenn sich Qualitätslücken auftun, die Verkehrsinfrastruktur schwächelt, die Digitalisierung stockt, Engpässe bei Fachkräften bestehen, andere Regionen stärker in das Produkt, die Erreichbarkeit sowie das Marketing investieren und uns auch das Wetter noch häufig im Stich lässt, kann aus einem erhofften Plus wie in diesem Jahr auch ein leichtes Minus werden. Das System Tourismus benötigt ein smartes Update. Die Branche hat die Kraft und den Willen, in die Erfolgsspur zurückzukehren.“
Wirtschaftsministerium verstärkt Anstrengungen für den Tourismus
Waldmüller zeigte sich in diesem Zusammenhang erfreut und dankbar dafür, dass das Wirtschaftsministerium zunächst für die Jahre 2018 bis 2020 zusätzliche Mittel für das Marketing, das Regionalmanagement speziell im ländlichen Raum sowie für die Entwicklung und Umsetzung einer Qualitätstrategie mit klaren und messbaren Kennziffern zur Verfügung stellt. Der Landestourismusverband kann danach über jährlich rund 800.000 Euro mehr und so über insgesamt knapp drei Millionen Euro verfügen und das bisherige Tourismusmarketing in ein komplexeres Tourismusmanagement überführen. Darin sollen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsinitiativen, Weiterbildung und Kooperationen sowie die Internationalität eine größere Rolle spielen. „Das ist ein Bekenntnis zu dem für Mecklenburg-Vorpommern zentralen und stabilen Wirtschaftsfaktor Tourismus, der viele andere Zweige und Bereiche stützt und stärkt.“ Der von der Branche initiierte Umsatz von jährlich knapp acht Milliarden Euro ähnele in seiner Wirkung den Effekten einer klassischen Exportwirtschaft, da er zu großen Teilen von außen in das Land geführt würde. Hinzu käme die Rolle des Tourismus als einer der wichtigsten Arbeitgeber im Land, erklärte Waldmüller.
„Wir müssen auch stärker für das Tourismusbewusstsein beziehungsweise die Akzeptanz von Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor im Land werben. Diesen gilt es durch konsequente Zusammenarbeit in Wirtschaft und Politik, durch die Steigerung der Gastfreundschaft, durch das Aufzeigen von Perspektiven für Einwohner und Gastgeber herauszustellen und dann weiter aufzubauen“, erläuterte Wirtschaftsminister Glawe.
Qualitatives vor quantitativem Wachstum
Den Handlungsrahmen für die zukünftige Entwicklung des Tourismus soll die neue Landestourismuskonzeption setzen. Diese soll nach der aktuell laufenden Ressortbefassung im kommenden Frühjahr veröffentlicht werden. „Die touristische Entwicklung bedarf einer strategischen Neuausrichtung, die der Prämisse folgt: qualitatives vor quantitativem Wachstum. Wir müssen hierzu alle an einem Strang ziehen: Unternehmen, Organisationen, Verbände, Verwaltung und Politik. Qualität und Professionalität sind dabei die Antriebskräfte, mit denen das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern vorn bleiben kann“, forderte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe die Branche auf.
Drei Großveranstaltungen in den kommenden drei Jahren
Eine gute Chance für neuen Schwung im Tourismus bietet Wolfgang Waldmüller zufolge die weltgrößte Reisemesse, die ITB in Berlin vom 6. bis 11. März 2018, deren offizielle Partnerland Mecklenburg-Vorpommern kurzfristig werden konnte. Darüber hinaus wird in Rostock 2019 der Deutsche Tourismustag ausgerichtet sowie im Jahr darauf der Germany Travel Mart, der nach 2009 zum zweiten Mal in Mecklenburg-Vorpommern stattfindet. „Diese Großveranstaltungen können im besten Fall das Dreigestirn des Aufbruchs sein, hin zu einer neuen Qualität des Tourismus, die sich ausdrückt in mehr Internationalität, mehr Qualität, mehr Vernetzung, mehr Digitalität und mehr Innovationsgeist.“ Ein aktuelles Zeichen für die Innovationskraft der Branche sei die Verleihung des Deutschen Tourismuspreises am 23. November 2017 an das Dock-Inn Hostel in Rostock-Warnemünde gewesen, sagte Waldmüller.
„Mit allen Veranstaltungen setzen wir ein starkes Signal für mehr Überregionalität. Wir wollen und müssen vor allem im internationalen Maßstab noch bekannter werden. Unsere Unternehmen und Anbieter stehen in einem sich rasant verändernden Marktumfeld. Intensives Marketing ist dabei ein wichtiges Element, um im nationalen und vor allem auch im internationalen Wettbewerb noch besser mithalten zu können“, betonte Wirtschaftsminister Glawe.
In Zahlen I: Wirtschaftsfaktor Tourismus
Die gesamten Umsätze im Tourismus belaufen sich laut Berechnungen des Institutes DIW Econ auf 7,75 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei werden mehr als zwei Drittel der Ausgaben (68 Prozent) von Menschen aus anderen Bundesländern und Ländern getätigt. Die touristische Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern beträgt 4,1 Milliarden Euro und macht damit 12 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern aus. Damit liegt die Bruttowertschöpfung der Querschnittsbranche Tourismus mit 9,6 Prozent noch vor dem Baugewerbe mit einem Anteil von 6,5 Prozent. Deutschlandweit liegt sie bei einem Anteil von 4,4 Prozent (Jahr 2010). 17,8 Prozent der Erwerbstätigen in MV, also 131.254 Menschen, arbeiten in Tourismusunternehmen und tourismusnahen Betrieben.
In Zahlen II: Aktuelle Statistik
Von der leicht negativen Entwicklung in den ersten neun Monaten dieses Jahres sind fast alle Reiseregionen betroffen. Die größten Verluste verbuchte die Region Fischland-Darß-Zingst. Dort sind die Übernachtungen von Januar bis September 2017 um 9,8 Prozent gesunken. Einzig in der Mecklenburgischen Schweiz/Seenplatte (+0,3 Prozent) übersteigt die Zahl der Übernachtungen das Vorjahresergebnis. Dagegen liegen fast alle Städte im Plus. Die Hansestadt Wismar (+15,1 Prozent) behauptet ihre Führungsposition vor Greifswald (+8,5 Prozent) und Schwerin (+2,4 Prozent). Die Hansestadt Stralsund hält das Vorjahresniveau mit einer schwarzen Null.
Bei den Unterkunftsarten können von Januar bis September vier der zehn ausgewiesenen Unterkunftsarten steigende Übernachtungszahlen vermelden, darunter die Hotels Garnis (+3,2 Prozent), Pensionen (+2,8 Prozent) sowie Vorsorge-/Rehakliniken (+2,0 Prozent). Die Betreiber von Campingplätzen (-7,8 Prozent) und Gasthöfen (-7,7 Prozent) müssen Rückgänge verkraften. Die angebotenen Schlafgelegenheiten waren in den ersten neun Monaten des Jahres zu 37,8 Prozent ausgelastet und damit etwas schlechter als im Vorjahreszeitraum (38,5 Prozent).
Aus dem Ausland wurden nach drei Vierteln des Jahres rund 860.000 Übernachtungen (-2,7 Prozent) gezählt. Allein schwedische Gäste übernachteten häufiger als im Vorjahresszeitraum im Nordosten (+5,9 Prozent). Unterdessen sind die Übernachtungen aus den Niederlanden (-16,4 Prozent), Dänemark (-5,1 Prozent), Schweiz (-3,8 Prozent) und Österreich (-2,1 Prozent) zurückgegangen.