Laut einer aktuellen Umfrage des Landestourismusverbandes, an der sich rund 430 Unternehmen – darunter Hotels, Anbieter von Ferienwohnungen und Campingplätze – beteiligten, wächst in der Branche im Angesicht steigender Infektionszahlen die Angst vor einem zweiten Lockdown. Demnach fürchten 75 Prozent der Unternehmen eine erneute Schließung des Tourismus. Dazu Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern: „Schon jetzt sind die Umsatzrückgänge durch die Corona-Krise in diesem Jahr nicht mehr zu kompensieren. Sollten Betriebe erneut schließen müssen, entfiele laut Umfrage für jeden Fünften im Land die Geschäftsgrundlage. Das wäre fatal.“
Die Umfrage macht deutlich: Auch wenn die Branche in den Sommermonaten und im frühen Herbst durch eine starke Nachfrage einiges an Verlusten aufholen konnte – per August konnten diese nicht ausgeglichen werden. Im Gegenteil: Von April bis August schlägt in der Tourismusbranche ein Umsatzminus von rund 25 Prozent zu Buche. Allein im April und Mai verzeichneten die Betriebe einen Umsatzrückgang von mindestens durchschnittlich 50 Prozent. Für die kommenden Monate werden noch höhere Einbußen erwartet: für November ein Minus von 33 Prozent; für Dezember ein Minus von 40 Prozent. Das Herbstferiengeschäft im Monat Oktober wurde durch das nun durch politische und gerichtliche Entscheidungen aufgehobene so genannte Beherbergungsverbot negativ beeinflusst. Woitendorf: „Die Schutz- und Hygienestandards in den Betrieben müssen sich jetzt mehr denn je bewähren und vehement eingehalten werden. Die Unternehmen sollten im Einzelfall auch prüfen, ob sie sie der verschärften Lage anpassen können.“
Lockerung der Quarantäneregeln für inländische Reisende wichtig für die Tourismuswirtschaft
Überwiegend begrüßt wird von der Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommern die vor wenigen Tagen getroffene Entscheidung der Landesregierung, die Quarantäneregeln für inländische Reisende aus Risikogebieten zu lockern und auf einen zweiten Covid-19-Negativtest fünf bis sieben Tage nach dem ersten Test zu verzichten, was einem Beherbergungsverbot gleichkam. So halten rund 58 Prozent der Unternehmen ein Beherbergungsverbot für Reisende aus Risikogebieten in einigen Bundesländern für unangemessen. Jeder vierte Befragte (25 Prozent) hält es hingegen für angemessen. Ausgegangen wurde hierbei von der Situation vor dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald vom 20. Oktober 2020, wonach auch Beherbergungsgäste, die aus so genannten Risikogebieten einreisen, einen Negativ-Test vorweisen sollten.
Branche baut auf Stabilisierungsprogramme für den Herbst und Winter
Die aktuellen Entwicklungen lassen den Ruf der Branche nach Unterstützung in den mutmaßlich schwierigen Herbst- und Winterzeiten lauter werden. Laut Umfrage setzen 60 Prozent der Befragten auf die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes, ebenso viele hoffen auf Hilfen in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen; 20 Prozent sprechen sich für Überbrückungshilfen aus. „Immer mehr Risikogebiete sowie weiter nicht einheitliche Regelungen in den Bundesländern erschweren das Reisen innerhalb Deutschlands und können in den schwächer gebuchten Jahreszeiten zu Notsituationen führen“, sagte Woitendorf. Laut Umfrage rechnen die Anbieter damit, das für die Monate November und Dezember nur jedes fünfte Zimmer beziehungsweise jeder fünfte Stellplatz belegt ist und die Auslastung damit unter der der Vorjahre liegt.
Negativer Trend bei Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Branche
Die steigenden Infektionszahlen und die damit verbundene Unsicherheit der Bürger haben unmittelbaren Einfluss darauf, wie die Branche ihre wirtschaftliche Lage aktuell bewertet. Nachdem sich die Lage über die Sommerferien stetig besserte, ist jetzt ein negativer Trend erkennbar: Während im August mehr als die Hälfte der Befragten ihre Situation als sicher beziehungsweise sehr sicher einschätzte, sind es nunmehr nur noch 37 Prozent. Zudem bewegt sich laut aktueller Befragung rund jeder zweite Befragte zwischen Sicherheit und Unsicherheit (vgl. August: 36 Prozent). 17 Prozent sehen sich noch immer gefährdet oder gar akut gefährdet (vgl. August: 13 Prozent).
Im Moment sind der Umfrage zufolge 15 Prozent der touristischen Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern auf staatliche Hilfen angewiesen. Mit einem Anteil von knapp neun Prozent befindet sich derzeit etwa jeder elfte Mitarbeiter im Tourismus in Kurzarbeit, auch hier ist die Tendenz leicht steigend.