Unter schwierigen Bedingungen legt die Tourismusbranche im 1. Halbjahr 2017 noch einmal leicht zu und erreicht auch in den Sommermonaten Juli und August ein insgesamt gutes Ergebnis.
Laut aktuell veröffentlichten Zahlen des Statistischen Amtes wurden zwischen Januar und Juni dieses Jahres in den größeren gewerblichen Tourismusbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern 11,8 Millionen Übernachtungen gezählt. Das sind 0,9 Prozent mehr als im bislang stärksten Jahr 2016. Allerdings bleibt das Wachstum im Nordosten hinter dem für Deutschland ausgewiesenen Zugewinn von 3,2 Prozent bei Gästeübernachtungen zurück. Harry Glawe, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern, sagte: „Wir haben weiter Zuwächse bei Übernachtungen und Gästen. Die Entwicklung ist so, dass wir für das diesjährige erste Halbjahr sogar einen Übernachtungs- und Gästerekord vermelden können. Das ist – vor allem wegen der Sturmflut im Januar und auch dem ansonsten bislang eher durchwachsenen Wetter – ein insgesamt gutes Ergebnis. Touristische Rekorde sind keine Selbstverständlichkeiten. Ich halte es dennoch für realistisch, dass wir das bisherige Top-Ergebnis aus 2016 trotz der Wetterkapriolen in diesem Jahr halten beziehungsweise leicht verbessern. Jeder Zuwachs ist hart erarbeitet. Deshalb gilt mein Dank vor allem den Unternehmen, Touristikern, Gastronomen und Kommunen. Sie alle tragen zu einem tollen Aufenthalt im Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern bei.“
Der Vorsitzende des Landestourismusverbandes, Wolfgang Waldmüller, ergänzte: „Die Branche hat die Herausforderungen im ersten Halbjahr und insbesondere im teils verregneten Sommer angenommen, sich robust, leistungsstark und flexibel gezeigt und damit ein insgesamt gutes Ergebnis erreicht. Vielerorts habe es einen höheren Aufwand bei der Organisation von Veranstaltungen, bei der Gästebetreuung und auch beim Management von Beschwerden gegeben, die bei schlechterem Wetter erfahrungsgemäß zunehmen würden“, erklärte Waldmüller. Von der mäßigen Witterung profitiert hätten hingegen Museen und Erlebniseinrichtungen, die teilweise starke Zuwächse vermelden.
Erstes Halbjahr: Städte, Hotels und Campingplätze legen zu / Rückgänge bei ausländischen Gästen und in einigen Regionen
Die Mecklenburgische Seenplatte und die Mecklenburgische Schweiz (+7,0 Prozent), Usedom (+2,2 Prozent) sowie das Vorpommersche Festland (+1,3 Prozent) stützen das Wachstum von Januar bis Juni. Leichte Rückgänge gab es an der Mecklenburgischen Ostseeküste (-0,2 Prozent), auf der Insel Rügen und in Westmecklenburg (jeweils -0,8 Prozent). Die signifikantesten Rückgänge muss die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst verkraften (-4,6 Prozent). Alle größeren Städte des Urlaubslandes konnten wiederum Zuwächse bei den Übernachtungszahlen verzeichnen. Wismar liegt dabei mit einem Zuwachs von 15,2 Prozent an der Spitze. Auch die Hansestädte Greifswald (+9,2 Prozent), Stralsund (+2,7 Prozent) und Rostock (+2,2 Prozent) legten merklich zu. Die Landeshauptstadt (+2,4 Prozent) sowie die Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg (+3,7 Prozent) verzeichneten ebenfalls positive Übernachtungszahlen.
Abgesehen von den Ferienunterkünften (-2,1 Prozent) bewegten sich im ersten Halbjahr alle statistisch erfassten Unterkunftsarten im positiven Bereich. Zulegen konnten insbesondere die Vorsorge- und Rehabilitationskliniken (+2,9 Prozent), die Hotels (+1,8 Prozent) sowie die Campingplätze (+1,4 Prozent). Der Camping-Bereich wurde vor allem vom starken Juni-Ergebnis angetrieben, mit dem der Juni des Vorjahres um 17 Prozent übertroffen wurde. „Camping ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie der Ausbau einer modernen Infrastruktur mit der Erhaltung der natürlichen Gegebenheiten vor Ort im Einklang steht. An vielen Plätzen im Land sind in den vergangenen Jahren hochmoderne Campingplätze in der Natur entstanden. Durch moderne Ausstattung und Infrastruktur können inzwischen auch Schlechtwetterphasen teilweise überbrückt werden. Die Branche hat sich erfolgreich wettbewerbsfähig aufgestellt“, betonte Wirtschafts- und Tourismusminister Glawe weiter.
Teils empfindliche Rückgänge muss Mecklenburg-Vorpommern bei Gästeübernachtungen aus dem Ausland verkraften. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden rund 348.000 Übernachtungen von rund 140.000 Gästen verzeichnet – das sind 6,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Verluste sind unter anderem aus wichtigen Herkunftsländern wie den Niederlanden (-23,1 Prozent), der Schweiz (-5,1 Prozent) und Österreich (-2,7 Prozent) zu verzeichnen. „Das Potenzial aus dem Ausland ist nach wie vor groß. Wir müssen mit langem Atem in die Bekanntheit und in gute Anreiseverbindungen investieren, dann wird sich der internationale Tourismus langfristig positiv entwickeln. Mit dem Engagement beim 50. Suisse Caravan Salon in Bern, bei dem Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr als Partnerland auftritt, wollen wir noch im Herbst ein Zeichen setzen“, erklärte Wolfgang Waldmüller.
Sommersaison: MV gut gebucht / Spontanreisende bleiben zum Teil aus
Statistische Zahlen für die Sommermonate Juli und August liegen noch nicht vor, jedoch weist eine aktuelle Umfrage des Landestourismusverbandes unter rund 200 Quartiersanbietern auf einen insgesamt zufriedenstellenden Verlauf der Sommersaison hin: Rund 38 Prozent der Befragten gaben an, während der Sommerferien eine Auslastung der Zimmer beziehungsweise Stellplätze von 90 oder mehr Prozent erreicht zu haben. Rund 40 Prozent schafften eine Auslastung zwischen 75 und 90 Prozent; weitere knapp zwölf Prozent lagen zwischen 50 und 75 Prozent. An der Ostseeküste, auf den Inseln und Halbinseln war die Auslastung dabei etwas höher als im Landesinneren. Eine Reihe von Unternehmen beklagte jedoch den im Vergleich zu den Vorjahren spürbaren Rückgang spontan anreisender Gäste, wodurch einige Betten frei blieben. Auch in Quartieren in Lagen abseits der Küste wurden zum Teil weniger Gäste und Übernachtungen gezählt.
Insgesamt lag die Auslastung im Sommer der Umfrage zufolge etwas unter der des Vorjahres (2016: 84,1, 2017: 82,7 Prozent). 8,0 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, besser als im gleichen Zeitraum 2016 gebucht gewesen zu sein; jedoch konstatierten 44 Prozent im Vergleich zu 2016 eine geringere Nachfrage. Ab Mitte des Monats August sank in vielen Betrieben die Auslastung etwas, da in einer Reihe von Bundesländern die Sommerferien endeten.
Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Umfrage rechnet der Tourismusverband für die Monate Juli und August mit mehr als zwei Millionen Übernachtungsgästen und mehr als zehn Millionen Übernachtungen in den größeren, für die Statistik relevanten Übernachtungsbetrieben. Im Jahr 2016 wurden in den beiden Sommermonaten 10,5 Millionen Übernachtungen von mehr als zwei Millionen Gästen verbucht. Die Werte des Vorjahres werden durch das Ausbleiben von Spontanbuchern jedoch voraussichtlich nicht ganz erreicht.
Wetter beeinflusste Reiseverhalten stärker als unsichere Lage in anderen Regionen
Die aktuell unsichere Lage in anderen Reiseregionen hat die Nachfrage nur teilweise verstärkt. Knapp 14 Prozent der Befragten verspürten einen entsprechenden Effekt. Hingegen sehen 56 Prozent und damit die meisten der Umfrageteilnehmer aufgrund des Unsicherheitsfaktors keine Auswirkungen. „In einem schweren Wettbewerbsumfeld mit vielen Optionen für sehr bewegliche Reisende ist das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern weiter gut positioniert. Urlaub im eigenen Land und sichere Reiseziele stehen gut im Kurs. Wir wollen und müssen von unseren Stärken profitieren und nicht von den Schwächen anderer“, sagte Wolfgang Waldmüller.
Stärker als die weltweiten Krisen wirkte sich offenbar das zwischenzeitlich durchwachsene Wetter auf das Sommergeschäft aus. Rund 77 Prozent der Betriebe gaben an, dass Gäste kurzfristig abreisten, rund 75 Prozent bemerkten weniger kurzfristige Buchungen, und rund 37 Prozent verspürten eine Nachfrage nach wetterunabhängigen Freizeitangeboten. Nur auf knapp 17 Prozent der befragten Unternehmen wirkte sich das Wetter nicht nennenswert aus.
Dazu erläuterte Minister Glawe: „Es zeigt sich einmal mehr, dass das Angebotspaket vor Ort stimmen muss. Neben Unterkünften wird das ‚Drum-Herum‘ in einer Region gerade bei unstetigem Wetter immer wichtiger. Hierzu zählen vor allem saisonunabhängige Angebote: Wellness-Angebote in Hotels, abwechslungsreiche Freizeiteinrichtungen, moderne Sportanlagen oder auch Zoos mit ideenreichen Innovationen und Attraktionen. Wir müssen noch stärker ganzjährig attraktiv sein, damit mehr Kurzentschlossene und Spontanurlauber unser Land besuchen – egal ob es regnet oder die Sonne scheint. Deshalb werden wir weiter saisonunabhängige Angebote unterstützen. Das Wetter können wir nicht planen, aber den Aufenthalt durch abwechslungsreiche Angebote so unvergesslich wie möglich in Mecklenburg-Vorpommern machen.“
Museen, Open Airs und Volksfeste punkten mit guten Programmideen
Besonders die Museen und Erlebniseinrichtungen profitierten in der Saison vom wechselhaften Wetter. So strömten allein am 25. Juli 14.000 Besucher in Ozeaneum und Meeresmuseum in Stralsund – der meist besuchte Tag seit der Eröffnung des Ozeaneums. Ähnliche Auswirkungen der Wettersituation waren im Warener Müritzeum zu verspüren. An Regentagen kamen dreimal so viele Besucher wie sonst üblich. Im Wismarer Badeparadies Wonnemar gab es im Juli 45.600 Besucher, was unter anderem einen erhöhten Personaleinsatz nach sich zog.
Mit abwechslungsreichen Programmideen lockten unabhängig vom Wetter auch in der Saison 2017 viele Open-Air-Veranstaltungen Besucher an. Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern vermeldeten zur Halbzeit des Festivals 41.000 verkaufte Tickets, wesentlich mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2016. 45 Veranstaltungen waren komplett ausverkauft.
Zufrieden mit der noch laufenden Spielsaison ist auch die Vorpommersche Landesbühne. Intendant Wolfgang Bordel: „Wenn man die Augen schließt, klingt Regen wie Applaus – und von beidem hatten wir in diesem Jahr reichlich.“ Die drei Neuproduktionen mit insgesamt an die 90 Vorstellungen von „In Sachen Adam und Eva“ auf der Schlossinsel Wolgast, über „Die Spelunke am Donnerberg“ im Barther Theater Garten bis hin „Vineta – Das Vermächtnis der Wasserfrauen“ in Zinnowitz wurden von den Premieren an vom Publikum angenommen. Aufgrund des wechselhaften Wetters mit viel Starkregen mussten bislang neun Aufführungen abgesagt werden. Insgesamt rechnet die Vorpommersche Landesbühne in dieser Open-Air-Saison mit mehr als 41.000 Zuschauern.
Die Schlossfestspiele Schwerin 2017 des Mecklenburgischen Staatstheaters verzeichneten nach der letzten Aufführung von „West Side Story“ mehr als 32.000 Besucher der insgesamt 24 Vorstellungen. „Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir den Kartenverkauf um mehr als 20 Prozent steigern“, erklärte Lars Tietje, der Generalintendant und Geschäftsführer des Mecklenburgischen Staatstheaters. Die Klassikertage Wismar zählten zu den Aufführungen von „Jedermann“ und „Faust“ in St. Georgen rund 6.200 Besucher und blieben damit nur knapp unter den Zahlen von 2016.
Herausforderungen bleiben groß
Wirtschaftsminister Glawe machte abschließend auf die Herausforderungen im Tourismus aufmerksam. „Der Tourismus ist ein enormer Wirtschaftsfaktor in unserem Land. Mit der neuen Tourismuskonzeption wollen wir weiter die strategischen Weichen hierfür stellen. Wir wollen gemeinsam aufzeigen, wie der Tourismus durch qualitatives Wachstum seine Wirkung als Wirtschaftsfaktor und Treiber der Regionalentwicklung weiter ausbauen kann. Themenbereiche sind darüber hinaus das Tourismusbewusstsein, die Infrastruktur und Mobilität, der touristische Arbeitsmarkt sowie Qualitätsmanagement und Innovation. Ebenso werden Fragen der Ausstattung und Finanzierung berücksichtigt“, erläuterte Glawe. Die Landestourismuskonzeption soll im Herbst vorgestellt werden. Rund 131.000 Beschäftigte sind in den Tourismusunternehmen und tourismusnahen Betrieben tätig. Die touristische Wertschöpfung liegt bei 4,1 Milliarden Euro und bildet damit zwölf Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern ab.
Die positiven Ankünfte und Übernachtungen täuschen auch laut Wolfgang Waldmüller nicht darüber hinweg, dass es noch eine Menge im Tourismus zu tun gibt. „Wir sind insgesamt noch in einer guten Situation, und wir haben auch ganz aktuell viele gute Beispiele für Qualitätstourismus – zum Beispiel das Dock-inn-Hostel in Rostock, die Planungen für die Erweiterung des Deutschen Meeresmuseums, die Verknüpfung von Kurtaxe und ÖPNV in der Mecklenburgischen Seenplatte, die vom Land geförderten Netzwerke im ländlichen Raum oder das Projekt zum Gesundheitstourismus.“ Zugleich müssten die Signale der Sättigung und zum Teil des Rückgangs in Branche und Politik insgesamt noch ernster genommen werden. „Wir dürfen uns nicht an die Situation gewöhnen, dass andere Regionen innovativer sind, uns in wichtigen Bereichen den Rang ablaufen. Über das, was wir von der Schlüsselwirtschaft Tourismus in Zukunft erwarten und was wir leisten müssen, um die Erwartung erfüllt zu bekommen, müssen wir im Land noch offener und offensiver diskutieren. Im Umfeld der neuen Landestourismuskonzeption bieten sich dazu viele gute Gelegenheiten“, sagte Wolfgang Waldmüller.