Mecklenburg-Vorpommerns Tourismusbranche blickt mit gemischten Gefühlen auf die von Rekordregenfällen gekennzeichnete Hauptsaison im Juli und August zurück. „Dieser Sommer ist eine Bewährungsprobe für den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Doch trotz der aus dem Wetter resultierenden erheblichen Schwierigkeiten, insbesondere im Campingbereich, wird die Branche den Stresstest bestehen“, erklärte Jürgen Seidel, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus aus Anlass der vorläufigen Bilanz der Hauptsaison.
Die Präsidentin des Landtages und des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Sylvia Bretschneider, erläuterte, dass Mecklenburg-Vorpommern im ersten Halbjahr und mit dem besten Juni seit 1990 auf dem besten Wege zu einem sehr guten Jahresergebnis im Tourismus war. „Das spricht für die gute Arbeit der Branche und für die richtigen Akzente im Tourismusmarketing“, sagte sie. „Aber dann kam der Regen und spülte die Hoffnung auf ein Spitzenergebnis fort.“
Zu viel Wasser auf Campingplätzen, zu wenig Spontanbucher in Hotels
Nach Messungen des Deutschen Wetterdienstes war Mecklenburg-Vorpommern im Juli die niederschlagsreichste Region Deutschlands mit der drei- bis teilweise fünffachen Menge des örtlich üblichen Juli-Regens. Am schwersten traf es in der außergewöhnlich feuchten Saison im Nordosten einige überschwemmte Campingplätze, die teilweise große Umsatzeinbrüche verkraften müssen. Auch in einigen Ostseebädern vor und auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst gestaltete sich die Situation durch Überflutungen sowie die Deichöffnung in Graal-Müritz zeitweilig schwierig. In vielen Hotels und Pensionen des Landes blieben Spontanbesucher aus, was jedoch aufgrund der meist längerfristigen Buchungen für den Sommerurlaub insgesamt zu eher kleineren Verlusten geführt hat. Da jedoch nicht alle Küstenregionen vollends ausgelastet waren, schwappte die Gästenachfrage auf einige Regionen des Landesinneren nicht wie gewohnt über.
Bei einer aktuellen Umfrage des Tourismusverbandes unter den Vermietern im Land gaben lediglich zwölf Prozent der knapp 400 Antwortenden an, dass die Wettersituation sie nicht beeinflusst hat. Hingegen konstatierten 47 Prozent der Befragten eine schlechtere Auslastung, und 58 Prozent sagten, dass sie weniger Spontanbucher hatten. 35 Prozent der Vermieter mussten mit Stornierungen kämpfen, und 64 Prozent hatten Gäste, die früher als geplant abreisten. „Das Regenwetter führte zu mehr Reklamationen und zu einer insgesamt kritischeren Bewertung des Angebotes“, sagte Sylvia Bretschneider. Sie hob die Flexibilität der touristischen Leistungsträger hervor: „Viele haben mit besonderen Angeboten auf die Wetterlage reagiert – Veranstaltungsorte kurzfristig verlegt, Rabatte und Preisnachlässe gegeben, Eintrittskarten verschenkt, Schirme und Regenmäntel verteilt oder sich kulant bei früheren Abreisen gezeigt.“ Gegenüber den Vorjahren deutlich zugenommen haben Beschwerden über die Verkehrsinfrastruktur vor allem im Bereich der Inseln Rügen und Usedom sowie der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Auch der nach Meinung vieler Gäste und Gastgeber unzureichende Öffentliche Personennahverkehr wurde häufig kritisiert.
Nutznießer des schlechten Wetters: Museen, Erlebniszentren und Spaßbäder
Minister Jürgen Seidel geht davon aus, dass Mecklenburg-Vorpommern vor allem durch die Verluste im Camping-Bereich in diesem Sommer mindestens 500.000 Übernachtungen verloren gegangen sind. „Dies entspricht Einnahmeverlusten von bis zu 50 Millionen Euro. Wir rechnen gleichwohl mit knapp zehn Millionen Übernachtungen in den Monaten Juli und August“, erklärte Seidel. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren es 10,5 Millionen Übernachtungen.
Neben den vom Regen Betroffenen gab es auch Nutznießer: Die Städte im Land profitierten von einem größeren Zustrom an Tagesgästen. Viele Einzelhändler und Gastronomen sowie die Betreiber von Spaßbädern, Museen und Erlebniszentren blicken auf eine erfolgreiche Saison und teilweise auf Rekordzahlen zurück. Jürgen Seidel: „Die vom Wetter unabhängigen Angebote haben sich als Retter erwiesen und vielen Urlaubern ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Dies zeigt deutlich, wie wichtig die Investitionen in diese Infrastruktur für die Tourismusentwicklung waren und sind. Wir können nun mal nicht allein auf Sommer- und auf Strandurlaub setzen.“ Ihre Hartnäckigkeit bewiesen in diesem Jahr die Veranstalter von Open-Air-Festivals sowie deren Gäste: Trotz teilweise widriger Witterungsumstände sind nur verhältnismäßig wenige Veranstaltungen ausgefallen.
Tourismusverband reagiert mit Herbstkampagne / Interesse an Reiseziel MV weiter hoch
Aufgabe der gesamten Branche ist es laut Seidel und Frau Bretschneider nun, negative Folgeffekte weitestgehend zu vermeiden. Um noch möglichst viele Menschen in diesem Jahr zu einem Besuch zu motivieren, startet der Tourismusverband im Herbst mit Unterstützung von Partnern wie dem Dehoga MV eine zusätzliche Werbekampagne im Internet, im Hörfunk sowie in Printmedien Nord- und Ostdeutschlands. Unter dem Titel „Mecklenburg-Vorpommern schenkt Ihnen einen Tag“ können sich alle Hotels und Pensionen beteiligen, die Arrangements anbieten, bei denen Gäste einen Tag länger bleiben dürfen als sie bezahlen. Auch für das kommende Jahr gibt es seitens des Wirtschaftsministeriums und des Tourismusverbands Überlegungen, wie die Nachfrage nach Urlaubsangeboten in Mecklenburg-Vorpommern mit Hilfe verstärkten Marketings weiter stimuliert werden kann. Im Allgemeinen ist die Ausgangslage gut: Acht Millionen Deutsche können sich laut der Reiseanalyse 2011 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in den kommenden drei Jahren sehr konkret vorstellen, nach MV zu reisen, für noch viel mehr vor allem in den bevölkerungsreichen west- und süddeutschen Bundesländern kommt dies generell in Frage. „Diese Menschen wollen und müssen wir aktivieren und für uns gewinnen“, sagte Sylvia Bretschneider. Dabei soll auch eine neue Marken- und Kommunikationsstrategie für das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern helfen, die der Tourismusverband in diesem Herbst vorlegen wird. „Kurz gesagt geht es dabei um die richtige Ansprache der richtigen Zielgruppen auf den richtigen Wegen und Kanälen, damit wir wettbewerbsfähig bleiben und auch mal einen verregneten Sommer wegstecken können“, so die Verbandspräsidentin.