Trotz empfindlicher Rückgänge im Juni verzeichnet Mecklenburg-Vorpommerns Tourismusbranche das gemeinsam mit 2009 beste erste Halbjahr seit 1990. „Fast drei Millionen Gäste und annähernd elf Millionen Übernachtungen (10,85) von Januar bis Juni sind ein sehr gutes Halbjahresergebnis“, sagte Wirtschafts- und Tourismusminister Harry Glawe. „Im Juni hatte die Branche mit Schwierigkeiten zu kämpfen: keine Feiertage, kaum für Kurzurlaube geeignete Wetterphasen und eine Fußballnationalmannschaft, die bei der Europameisterschaft weit kommen wollte.“ So blieb der Juni mit einem deutlichen Minus unter den Erwartungen. Im weiteren Verlauf konnten einige Verluste ausgeglichen werden, so dass insgesamt ein respektables Ergebnis für die Hauptsaison zu erwarten ist. „Dementsprechend halten wir am Jahresziel von insgesamt 28 Millionen Übernachtungen fest.“ Glawe bedankte sich bei allen Branchenmitarbeitern für ihren großen Einsatz und kündigte Kontinuität bei den Ausgaben für das touristische Marketing an. „Bei der touristischen Werbung zu sparen, hieße, der Branche das Wachstum zu erschweren. Wir werben um neue Gäste und wollen in süd- und westdeutschen Quellgebieten noch stärker werden“, erklärte der Minister.
„Die Ausgangssituation für die Tourismussaison 2012 mit der Erinnerung an den Regensommer des Vorjahres war nicht ideal“, konstatierte der Präsident des Landestourismusverbandes, Jürgen Seidel. „Die Bilanz für die Hauptsaison fällt jedoch nicht so negativ aus, wie zu Saisonbeginn von manchem Experten eingeschätzt“, erklärte er. Zwar sei die Zurückhaltung bei Gästen aus dem Nahbereich und den Metropolen Berlin und Hamburg spürbar gewesen, was im Juni und Juli zu Lücken in der Belegung und einem vergleichsweise schwachen Ergebnis geführt habe. Jedoch hätten Gäste aus den vergleichsweise spät in die Sommerferien startenden ostdeutschen Bundesländern und aus bevölkerungsreichen Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen im August für eine landesweit gute Auslastung gesorgt. „Ich rechne daher für die Monate Juli und August dennoch mit rund zehn Millionen Übernachtungen“, so Seidel. Im Vorjahr wurden in diesen beiden Monaten 9,9 Millionen Übernachtungen erreicht. Erfreulich sei überdies die Entwicklung von Gästen aus dem Ausland, ergänzte Seidel. Im ersten Halbjahr 2012 konnte das Urlaubsland bei den Übernachtungen ausländischer Gäste um 16,8 Prozent auf 323.000 zulegen. Insbesondere Gäste aus den für Mecklenburg-Vorpommern wichtigen Herkunftsländern wie Niederländer, Schweizer, Österreicher oder die in den vergangenen Jahren zurückhaltenden Skandinavier reisten deutlich häufiger in die Regionen zwischen Ostsee und Seenplatte.
Umfrage unter 320 Vermietern bestätigt Bild einer durchwachsenen Saison
Eine aktuelle Umfrage des Landestourismusverbandes unter 320 Vermietern im Land bestätigt den Eindruck einer durchwachsenen Hauptsaison. Die Auslastung der Zimmer war demnach mit landesweit circa 75 Prozent etwas geringer als erhofft, wobei sie im Landesinneren und auf Rügen (jeweils rund 70 Prozent) niedriger ausfiel als an der Ostseeküste, der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst und auf Usedom (jeweils rund 80 Prozent). Etwa 50 Prozent der Befragten gaben für Juli und August eine schlechtere Auslastung als im Vorjahressommer an. Die andere Hälfte der Befragten verzeichnete im Sommer 2012 ähnlich viele Buchungen wie im Vorjahr (29%) oder sogar mehr (16%). Nur zwölf Prozent der Vermieter gaben an, dass die mäßige Wettersituation im Juni und Juli sie nicht beeinflusst hat. 52 Prozent hatten dadurch weniger Gäste; 13 Prozent mussten Stornierungen verkraften. Zudem blieben Spontanbesucher teilweise aus, was unter anderem auch in einigen Städten und Freizeiteinrichtungen im Land zu spüren war. Jeweils rund die Hälfte der Befragten bestätigte darüber hinaus die anhaltenden Trends zu kurzfristigen Buchungen und sinkender Aufenthaltsdauer. Jürgen Seidel wies in diesem Zusammenhang auf die insgesamt abwartende Haltung der Gäste hin: „Positive und negative Wettervorhersagen wirken sich bei der Nachfrage sofort aus.“
2012 im Plus: Camping, Wassertourismus und viele Kulturanbieter
Gegenüber dem Vorjahr erholt zeigt sich der Campingbereich. Bis zum Halbjahr liegen die Campingplätze bei den Übernachtungen mit 3,6 Prozent im Plus, und auch für die Hauptsaison ist gegenüber dem regenbeeinflussten Vorjahreszeitraum mit einer Besserung zu rechnen. Eine mehrheitlich gute Bilanz der Saison ziehen zudem die wassertouristischen Anbieter im Land. So berichten Hausboot- und Motoryachtanbieter von einer sehr guten Buchungslage in den Sommermonaten. Auch Kanutourismus war erneut sehr gefragt. Die Betreiber von Fahrgastschiffen bewegen sich nach eigenen Aussagen in der Spanne zwischen mäßigen und sehr guten Geschäften. Überdies gibt es im kulturellen Bereich eine Reihe zufriedener Gesichter: Veranstaltungen wie die Schlossfestspiele in Schwerin, die Hanse Sail in Rostock, die Störtebeker Festspiele auf Rügen oder das Kleine Fest im großen Park in Ludwigslust verzeichneten einen starken Publikumszuspruch. Auch die vier Standorte des Deutschen Meeresmuseums agieren bei der Nachfrage weiter auf hohem Niveau, während beispielsweise im Nationalparkzentrum Königsstuhl auf der Insel Rügen leichte Besucherrückgänge vermerkt wurden. Jürgen Seidel verdeutlichte, dass die Anbieter von Kultur und Erlebnissen immer wichtiger werden: „Jedes attraktive Programm macht uns wetterunabhängiger und stärkt unseren Ruf als Urlaubsland mit vielen Facetten und Möglichkeiten. Wir können und wollen nicht allein auf Sommer- und auf Strandurlaub setzen.“ Insofern sehe er mit Freude den im Herbst anstehenden Eröffnungen des Darwineums in Rostock und des Phantechnikums in Wismar entgegen. „Diese Einrichtungen werden die in den vergangenen Jahren oft erfreuliche Herbstnachfrage weiter stimulieren“, so Seidel.
Internationalen Wettbewerb gemeinsam bestehen / Interesse an Reiseziel MV hoch
„Wir werden solche Maßnahmen und Investitionen, die die Saison verlängern und die touristische Infrastruktur verbessern, konsequent weiter unterstützen und fördern“, sagte Glawe. „Wir stehen im Wettbewerb mit einer Reihe anderer deutscher, europäischer und außereuropäischer Regionen. Wahrgenommen wird nur, wer einen gebündelten, klaren Auftritt schafft“, ergänzte er. Das neue Kommunikations- und Markenkonzept 2022 für Mecklenburg-Vorpommern finde in der Branche breite Akzeptanz und werde Stück für Stück umgesetzt. Der Umfrage des Landestourismusverbandes zufolge wünschen sich mehr als zwei Drittel der Befragten ein einheitliches, klares Marketing für das Urlaubsland.
Die Chancen auf weiteren touristischen Erfolg für Mecklenburg-Vorpommern stehen indes gut: Laut Reiseanalyse 2012 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen interessieren sich insgesamt rund 20 Millionen Deutsche für wenigstens eine längere Urlaubsreise nach MV zwischen 2012 und 2014, davon planen 6,5 Millionen die Reise ziemlich sicher ein. Rund zwei Drittel der Interessenten kommen aus westlichen Bundesländern, allen voran Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern.