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Nr. 62

21.11.2024

6 min

Tourismusakzeptanz in Mecklenburg-Vorpommern gestiegen

Vierte Studie zur Messung der Tourismusakzeptanz veröffentlicht / Wahrnehmung der Lebensqualität auf Vorjahresniveau / Einwohner*innen haben hohe Verbundenheit und Identifikation mit dem Wohnort / Mehr Wertschätzung für Mitarbeitende im Tourismus gewünscht / Aktionen für Einheimische gefragt

Die Tourismusakzeptanz in Mecklenburg-Vorpommern hat sich gegenüber 2023 verbessert. © TMV

Dem Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern liegen die Ergebnisse der repräsentativen Einwohnerbefragung zur Tourismusakzeptanz und Lebensqualität mit neuen Schwerpunkten und differenzierteren Fragen vor. Gemessen wurde dabei der sogenannte Tourismusakzeptanz-Saldo. Dieser gibt auf einer Skala von -100 bis +100 an, wie die Bevölkerung die Auswirkungen des Tourismus auf den Wohnort (TAS-W) und sich persönlich (TAS-P) wahrnimmt. Im Jahr 2024 liegt er mit +44 Punkten für den Wohnort (2023: +38 Punkte) und +35 Punkten für die persönliche Bewertung (2023: +23 Punkte) höher als im Vorjahr. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern zunehmend als wertvoller Beitrag zur Lebensqualität und Identifikation wahrgenommen wird.

Demnach liegt MV bundesweiten Vergleich auf Rang 22 von 79 untersuchen Destinationen und über dem Bundesdurchschnitt (TAS-W +42). Bei der Betrachtung des persönlichen Akzeptanzwertes schneidet Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls gut ab und liegt auf Rang 8 von 79 untersuchten Destinationen (Bundesdurchschnitt: TAS-P von +20). Dazu Tobias Woitendorf, Tourismusbeauftragter des Landes und Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern: „Der Tourismus wird inzwischen von mehr Menschen in Mecklenburg-Vorpommern auch persönlich als Bereicherung wahrgenommen. Die Studie zeigt, dass Einwohnerinnen und Einwohner die Vorteile des Tourismus erkennen und die damit verbundenen Angebote sowie das Gemeinschaftsgefühl in ihrem Wohnort schätzen. Das bestärkt uns, unsere Bemühungen für einen Ausgleich der Interessen von Tourismus, Einheimischen und Natur konsequent fortzusetzen.“ Die Befragung wurde im Auftrag des Tourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Tourismusforschung an der Fachhochschule Westküste durchgeführt und spiegelt die Ansichten von 851 repräsentativ ausgewählten Einwohnerinnen und Einwohnern wider. 

Wahrnehmung der Lebensqualität auf Vorjahresniveau
Ein zentraler Aspekt der aktuellen Studie ist die Wahrnehmung der Lebensqualität in Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt stufen 49 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner ihre eigene Lebensqualität als (sehr) hoch ein. Der Wert liegt damit auf dem Vorjahresniveau. Während sich die Wahrnehmung einer hohen Lebensqualität kaum verändert hat, ist die Wahrnehmung einer niedrigen Lebensqualität um fünf Prozentpunkte gesunken.

44 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind mit den Wohnkosten und dem Einkommen zufrieden, während die Zufriedenheit mit den Kosten für den täglichen Bedarf auf 37 Prozent gestiegen ist, aber immer noch auf einem niedrigen Niveau liegt. Besonders hoch ist die Zufriedenheit mit den Naherholungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten in der Natur, die 78 Prozent der Befragten als positiv bewerten. Gleichzeitig zeigen 48 Prozent Zufriedenheit mit dem Angebot an Restaurants und Cafés, was den Wert gastronomischer Angebote für die Lebensqualität unterstreicht.

Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen die Zufriedenheit gesunken ist, wie bei der Verkehrsinfrastruktur, die nur 44 Prozent als positiv einschätzen (vgl.: 2023: 54 Prozent). Neuere Aspekte wie die Zufriedenheit mit Märkten und Großveranstaltungen/Events haben hingegen 44 Prozent beziehungsweise 43 Prozent erreicht, während nur 35 Prozent mit klimaanpassenden Maßnahmen und 23 Prozent mit Initiativen zur Zwischennutzung leerstehender Gebäude zufrieden sind. 

Die Studienergebnisse wurden erstmals nach SINUS-Milieus eingeteilt, wobei große Unterschiede in der Lebensqualität deutlich wurden: Besonders hoch schätzten demnach Menschen aus den postmateriellen, neo-ökologischen und konservativ-gehobenen Milieus ihre Lebensqualität ein. In diesen Gruppen ist die Lebensqualität der Studie zufolge signifikant höher als im Durchschnitt, wohingegen nur 18 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner aus dem so genannten prekären Milieu und 39 Prozent aus dem nostalgisch-bürgerlichen und traditionellen Milieu eine sehr hohe Lebensqualität angaben.

Drei Viertel der Einwohnerinnen und Einwohner wollen in Entscheidungen über touristische Entwicklungen einbezogen werden
Ein Schwerpunkt der Studie bestand darin, die Wahrnehmung der Einwohnerinnen und Einwohner bezüglich ihres Mitspracherechts und der Informationsweitergabe zu touristischen Entscheidungen tiefer zu untersuchen. So erachten 59 Prozent der Befragten Informationen über touristische Entscheidungen als wichtig, während 45 Prozent angeben, mit den bereitgestellten Informationen zufrieden zu sein. Das Mitspracherecht bei Entscheidungen über den Tourismus ist für 47 Prozent von Bedeutung, 31 Prozent sind mit dem Status quo zufrieden. Politische Bemühungen zur Förderung des Tourismus finden 61 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner wichtig, wobei die Zufriedenheit hier nur bei 33 Prozent liegt.

Mehr als 75 Prozent der Befragten geben an, dass sie regelmäßig in Entscheidungen über touristische Entwicklungen einbezogen werden möchten – etwa durch Einwohnerbefragungen zu Projekten wie Hotelansiedlungen oder der Weiterentwicklung von Tourismuskonzepten. Auch Informationsveranstaltungen sind für 62 Prozent der Befragten ein wichtiges Mittel, um mehr Einblicke in die Tourismusentwicklung zu erhalten. Besonders Lokalzeitungen würden von 63 Prozent der Bevölkerung als bevorzugtes Informationsmedium genannt. „Der Wunsch nach mehr Mitsprache und Informationen unterstreicht, dass die Zusammenarbeit zwischen Tourismus, Politik und Bevölkerung eine hohe Relevanz für die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner hat. Es ist entscheidend, die Bedürfnisse der Bevölkerung ebenso ernst zu nehmen und zu respektieren wie die Wünsche der Gäste. Nur wenn wir die Belange aller berücksichtigen, können wir eine nachhaltige und ausgewogene Entwicklung im Tourismus gewährleisten, die sowohl Einheimischen als auch Gästen zugutekommt“, sagte Woitendorf.

84 Prozent der Befragten leben sehr gern in ihrem Wohnort / Einheimische sind gern MV-Botschafter
Untersucht wurde auch die Wohnortattraktivität und -verbundenheit. 84 Prozent der Befragten gaben an, sehr gern im eigenen Wohnort zu leben. Diese positive Einstellung spiegelt sich auch in der Wahrnehmung wider, dass 75 Prozent der Teilnehmenden das Gefühl haben, „sie selbst sein zu können“. Zudem fühlen sich 71 Prozent als Teil ihrer Gemeinschaft, was die soziale Verbundenheit unterstreicht. Zusätzlich zeigt sich, dass 57 Prozent der Befragten, wenn Gäste ihren Wohnort besuchen, daran erinnert werden, dass sie in einem besonderen Ort leben, was die Wertschätzung der eigenen Umgebung verstärkt. Über die Hälfte (54 Prozent) möchte anderen von den Vorzügen ihres Wohnorts erzählen und sieht hier auch Möglichkeiten zur eigenen engagierten Mitgestaltung. Dazu Dr. Sabrina Seeler, Lehrkraft an der FH Westküste und Vorstandsmitglied im Deutschen Institut für Tourismusforschung (DI Tourismusforschung): „Einheimische in Mecklenburg-Vorpommern fühlen eine hohe Verbundenheit und Identifikation mit dem eigenen Wohnort, die durch den Besuch von Gästen weiter gestärkt werden können. Insbesondere in Orten mit einer hohen Tourismusintensität fühlen sich Einheimisch an die Besonderheiten des eigenen Wohnorts durch den Besuch von Gästen erinnert und wollen anderen davon berichten, was der eigene Wohnort zu bieten hat – Tourismus kann somit als identitätsstiftender Faktor verstanden werden.“ 

Ein leichter Anstieg zeigt sich auch im Stolz der Einwohnerinnen und Einwohner: 69 Prozent sind stolz darauf, in ihrem Wohnort zu leben, ein Anstieg von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2023. Dies trägt dazu bei, dass sich 67 Prozent der Befragten am glücklichsten fühlen, wenn sie in ihrem Wohnort sind. Der Wohnort wird für 65 Prozent der Teilnehmerinnen als Lieblingsort empfunden, und 63 Prozent berichten von einer starken Verbundenheit zur Gemeinschaft – ein Anstieg von neun Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. „Diese Entwicklung unterstreicht die wachsende Identifikation mit dem Wohnort und stärkt die positive Wahrnehmung des Tourismus als Teil des Gemeinschaftslebens. Unternehmen wie Bio 24 aus Poppendorf etwa, die mit Projekten wie ‚Kochen und Backen gegen Einsamkeit‘ und dem Verkauf von regionalen Produkten in einem Dorfladen punkten, tragen zu bei, dass Menschen die Qualität ihres Lebens und ihren Wohnort schätzen. Das Engagement für einen achtsamen und gemeinschaftsstärkenden Tourismus soll auch zukünftig Priorität in der Tourismusentwicklung haben“, sagte Woitendorf. 

Mehr Wertschätzung für Mitarbeitende im Tourismus gewünscht / Aktionen für Einwohnerinnen und Einwohner stark nachgefragt
Die Einwohnerinnen und Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns haben sich in der Studie ebenfalls für konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und zur Wertschätzung des Tourismus ausgesprochen. Für 80 Prozent sei die Anerkennung der Arbeit von Mitarbeitenden im Tourismus eine wichtige Maßnahme, um die Tourismusakzeptanz zu fördern. Weitere Prioritäten lägen in der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs (78 Prozent) sowie in exklusiven Angeboten und Veranstaltungen, die speziell für Einheimische gestaltet werden (73 Prozent). 42 Prozent sprechen sich in diesem Zusammenhang für eine Begrenzung der Bettenzahl aus, was laut Woitendorf zeige, dass auch die Bevölkerung eher auf qualitative Maßnahmen setzt, um die touristische Entwicklung zu unterstützen.

In MV gibt es erste Initiativen, bei denen Einheimische direkt von touristischen Angeboten profitieren: „Die Aktionen ‚Sei Gast auf Deiner Insel‘ auf Usedom oder ‚Dein Türöffner‘ auf Fischland-Darß-Zingst, bei denen Einheimischen oder Mitarbeitenden Vorteile gewährt werden, zeigen, wie gezielte Initiativen zur Verbesserung der Tourismusakzeptanz und zum Miteinander beitragen können“, sagte Woitendorf. 

Weitere Informationen: Kurzbericht Tourismusakzeptanzstudie, Kurzbericht Lebensqualitätsstudie